Erfahrungen beim Hausbau

Nach Abschluss der Bauphase haben wir rückblickend einige Erfahrungen zusammengetragen, die sich angehende Bauherren zumindestens einmal durchlesen sollten und im Idealfall zu Herzen nehmen.

Planung & Entwürfe

Fachliche Beratung ist in diesem Bereich unbedingt notwendig, schließlich gibt des den Studiengang Architektur nicht zum Spaß. Wir lassen nach eigenen Entwürfen bauen, die allerdings über einen längeren Zeitraum (wir reden über Monate, nicht Wochen) mehrfach iterierten. Außerdem haben wir fachlichen Input hinzugezogen und berücksichtigt (Dank an Henning). Wichtig natürlich auch: Immer Augen auf und gucken „Was gefällt, was gefällt nicht?“.

Also: Zeit lassen und auf professionellen Rat hören. Wer Arcon auf seinem Rechner installiert und in wenigen Stunden/Tag 5-10 Entwürfe produziert, sollte bedenken, dass er mit, bzw. in dem Ergebnis dieser schnellen Überlegungen (waren es welche, oder wurden nur Wände in einem Rechteck so verschoben, bis es passte?) vermutlich die nächsten 30Jahre leben muss. Siehe dazu auch zahlreiche Diskussionen im entsprechenden Forum bei bau.de Lieber mal sauber von Hand zeichen. Das dauert zwar länger, lässt aber Zeit zum Überlegen und macht die Arbeit wertvoller, da eine mühselige Zeichnung meist bedachter erstellt wird als ein Werk aus ein paar schnelles Mausclicks und Copy & Paste Schritten, dass man beliebig oft ausdrucken kann. Ein Architekt hat nicht umsonst lange studiert. Seine Arbeit kann man nicht „einfach so“ selbst übernehmen. Schließlich greift man ja auch nicht zum Akkubohrer um das Loch im Zahn seiner Frau zu behandeln, sondern vertraut sich da einem Zahnarzt an.

Behörden

Hmm… um es mal so auszudrücken: Wir haben Deutschland von einer (neuen) Seite kennen gelernt, die man bisher immer nur aus schaurigen Erzählungen und Comedy-Serien wie das Amt kannte… Manche Dinge glaubt man nicht. Zeit braucht man auf jeden Fall. Trotzdem: immer freundlich aber bestimmt bleiben, ggf. nach Ansprechpartner fragen („da liegt gerade im Amt für….“) und selbst hinterhertelefonieren.

Architekt vs. Generalunternehmer/Bauträger

Ein komplexes Thema. Wir haben mit einem Generalunternehmer gebaut (Bauträger (BT) verkaufen Haus und Grundstück, man ist „nur“ Käufer, nicht Bauherr. Generalunternehmer (GU oder auch GÜ=Generalübernehmer) bieten Häuser meist zu einem Festpreis an und koordienieren alle Arbeiten, vergeben dabei natürlich auch viele Aufträge an Subunternehmer. Gebaut wird auf dem Grundstück des Auftraggebers, der auch Bauherr ist. Vorteil gegenüber einem Bauträger: Man hat mehr Rechte und muss nur die Grunderwerbssteuer für das Grundstück zahlen. Beim Bauträger ist sie auch für das Haus fällig.

Vorteile bei Abwicklung über GU/GÜ/BT:

Alles kommt aus einer Hand => weniger eigener Koordinationsaufwand

Festpreis => sichere (finanzielle) Planung

Aus Sicht eines neuen und unerfahrenen Bauherrn sicherlich der einfachere Weg.

Nachteile:

Die individuelle Planung / Beratung fehlt. Meist fehlt die Auseinandersetzung mit den späteren Bewohnern und dem Grundstück inkl. der Umgebung, der Entwurft stammt aus dem Katalog bzw. der Schublade.

Die Überwachungsfunktion des Architekten fehlt. Der Architekt (und auch der Statiker) wird vom Generunternehmer oder Bauträger bezahlt und sieht sich nicht unbedingt gezwungen diesen scharf zu überwachen, bzw. steht im Streitfall vermutlich auf Seiten seines Autraggebers, und das ist nun mal der Generunternehmer oder Bauträger und NICHT der Bauherr. => ein zusätzlicher Baubetreuere sollte (vom Bauherrn bezahlt!) den Bau überwachen.

Sonderwünsche und Erweiterungen (z.B. mehr Steckdosen) kosten oft überproportional mehr.

Vor- und Nachteile können unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Es gibt gute und schlechte Generunternehmer oder Bauträger, aber es gibt auch gute und schlechte Architekten. Für beides gibt es genügend Beispiele. Ich habe Architekten gesehen, die eien tollen Entwurf gemacht haben, bei der bauaufsicht aber im Dauerschlaf waren und sich nicht um wichtige Details (Feuchtigkeitsabdichtung) gekümmert haben und so einen verpfuschten Bau abgeliefert haben. Umgekehrt kenne ich tolle Bauaufsicht kobiniert mit langweiligem Entwurf. Auch Architekten, die verkappte Bauträger waren, sind mir schon unter gekommen. Was es an negativen Berichten über Bauträger gibt, brauche ich hier ja nicht zu erwähnen.

Das Problem ist vermutlich in beiden Fällen eine guten Vertreter seiner Gattung zu finden. Die einen (Generunternehmer oder Bauträger) präsentieren sich am Markt evtl. etwas besser für den Kunden (in 98% der Fälle: naiver Erstbauherr), die anderen leben ggf. von ihrem Ruf und gelten als teurer, was aber nicht sein muss. Auch der Generunternehmer oder Bauträgerhat Architektenkosten, die er in seinen Preisen versteckt. Es gibt übrigens auch Fälle, in denen Architekten als Generunternehmer oder Bauträgerauftreten.

Wir sind mit unserem GU zufrieden und glauben auch einen guten gefunden zu haben (wir kennen auch andere zufriedene Kunden des GUs). Allerdings haben wir uns auch zuvor lange mit der Planung auseinander gesetzt und hatten dabei fachliche Hilfe. Trotzdem: Die Aufgaben eines Architekten (und die sind deutlich umfassender als eine 1:00 Zeichnung anzufertigen) und die Stellung des Bauherrn sind uns auch erst mit der Zeit bewußt geworden. Einen Planungsfehler haben wir uns schon eingehandelt, da wir mit der ausführenden Architektin des Generalunternehmers nie auf dem Grundstück waren. Das L-Steinmonster für knapp 3000€ wäre mit einem „richtigen Architektenbau“ vermutlich nicht passiert.

Wichtig: Vorher informieren, was alles zur Arbeit eines Architekten gehört. Was ist alles im Preis des Generunternehmer oder Bauträgerenthalten, was fehlt? Wichtigste Frage: Ist mein Grundstück bei der Planung berücksichtigt worden? Sind meine individuellen Vorstellungen berücksichtigt? Das ist mehr als auf einem Plan aus der Schublade ein paar Wände zu verrücken!

Ausschreibungen

Finger weg! Wenn man selbst keine Ahnung von der Materie hat, sollte dies nur ein Fachmann machen, da man a) selbst die Hälfte vergisst und b) nicht merkt, was im Angebot alles fehlt und später ggf. teuer nachgeordert werden muss. Wir haben nur die Erdarbeiten selber ausgeschrieben und die Angebote verglichen. Das teuerste Angebot bekam bei uns den Zuschlag, da es am detailiertesten Aufgebaut war und viele (notwendige) Dinge mehr mit berücksichtigte die wir in der Ausschreibung vergessen hatten. Außerdem waren die geschätzten Massen mit mehr Puffer versehen als bei den anderen Angeboten. Die Endrechnung lag später unter den Angeboten der Mitbewerber, denen ich an dieser Stelle jetzt keine bösen Absichten unterstellen möchte, aber Rechnungen auf Basis von wenig Detailierten Angeboten können böse Überraschungen z.B. in Form von Nachträgen (plötzlich sehr teuer) oder tatsächlich deutlich höheren Massen enthalten.

Zeit und Kosten

Muss man haben bzw. gering halten. Auch wenn man quasi „schlüsselfertig“ baut, ist man als Bauherr ständig gefordert und muss Entscheidung treffen. Der Elektriker will wissen, wo welche Schalter hin sollen, der Tischler will, dass man Türen aussucht, der Fliesenleger will, dass man Fliesen aussucht, beide wollen möglichst frühzeitig wissen wie die Küche geplant ist usw. Diese Liste lässt sich noch erheblich verlängern. Zeit haben und Zeit nehmen können ist ein Muss als Bauherr.

Die Kosten wollen auch im Griff gehalten werden. Überall lauert die „Nachtragsgefahr“, denn man kann für jedes noch so popelig erscheinende Detail locker mehr Geld ausgeben. Schon gewußt: Will man statt eines Klingelknopfes aus Plastik ein vernünftiges Exemplar aus Metall haben, ist man locker mit 60€ dabei. So gibt es in jedem Raum 5-6 Positionen, wo man sich überlegen muss, ob einem bestimmte Ausstattungsvarianten ein paar hundert Euro wert sind. Vorsicht: Jede Einzelentscheidung würde für sich betrachtet sicherlich positiv entschieden werden. Man darf aber nie die Gesamtsumme aus den Augen verlieren.

Hilfreich sind dabei besonders Bekannte und Verwandte, die dann immer nur die einzelne Entscheidung sehen und mit konstruktiven Kommentaren weiterhelfen wie „Aber die 500€ solltet Ihr doch über haben, sonst ärgert Ihr Euch später…“ 😉

Auch muss man auf eine Menge Kosten gefasst sein, an die man anfangs evtl.nicht gedacht hat, bzw. die man nachlässig unterschätzt hat: Gestaltung der Außenanlagen, Malerarbeiten, Fußböden, Einrichtung(-sergänzung), Lampen, etc. Auch eine sehr lange Liste, die mit der Zeit immer größer wird.

Auch das Lesen einer Baubeschreibung will gelernt sein. Klingen tun alle toll. Hinter wundert man sich trotzdem was alles nicht enthalten ist. Hier ist es ratsam mehrere Baubeschreibungen verschiedener bekannter Anbieter zu vergleichen. Achtung bei Formulierungen, die das Wort „bauseits“ verwenden oder ein „oder vergleichbar“ angehängt haben. Generell gilt: Alles was nicht vertraglich geregelt ist, kann der Generunternehmer oder Bauträger  später so ausführen wie es für ihn am günstigsten ist. Wir haben auch schon von einem Fall gehört, in dem im Keller keine Türen eingebaut wurden („Wo steht, dass zu einem Keller Türen gehören?“).

Eigenleistungen

Eigenleistungen sind auf den ersten Blick ein eine tolle Sache um Geld zu sparen. Allerdings sollte man sich vorher genau überlegen, was man wirklich schaffen kann. Ein Bau kostet so schon genug Zeit, Kraft und Nerven. Wer denkt, das Pflastern der Einfahrt kann ein „Büromensch“ auch „mal eben am Wochenende“ machen, der irrt gewaltig, bzw. zahlt mit seiner Gesundheit.

Helfer wollen auch verpflegt werden, für Sie kassiert die Bau-BG zusäztlich noch knapp 2€ pro Helferstunde Versicherung. Gutes (=teures) Werkzeug ist wichtig. Die passenden Geräte helfen erheblich, wollen aber auch gekauft bzw. gemietet werden. Außerdem braucht man als Nicht-Profi deutlich mehr Zeit als ein Profi. Material ist im Baumarkt auch oft teurer als im Großhandel für den Handwerker. Unterm Strich wird dann plötzlich deutlich weniger gespart als gedacht.

Wichtig sind auch die Schnittstellen zu den anderen Gewerken. Wer macht den Anschluß Teppich/Parkett an die Treppe? Als Laie ist man mit solchen Details oft überfordert, der Handwerker läßt den Bauherrn gerne „basteln“, denn so legt er die Verantwortung ab. Ein gefährliches Thema ist die Gewährleistung, die man bei anderen Gewerken verlieren kann, wenn man als Heimwerker unbedacht was „dranbastelt“ oder irgendwelche Schäden verursacht. Das zahlt dann keine Versicherung.

Vorsicht auch beim Herausnehmen von Leistungen aus dem BT/GU Vertrag. Dass zu „Malerarbeiten“ auch das Spachteln der Betondecken, das Streichen des Dachüberstandes und teilweise sogar auch das Lackieren des Treppengeländers gehören kann, ahnen die Wenigsten im Vorfeld.

 Bauaufsicht

Ist sicherlich sinnvoll. Als Laie sieht man wichtige Punkte nicht. Wer eine kleine Macke an einer Tür für wichtiger hält als eine saubere Ausführung der Kellerabdichtung hat eh ein Problem… Manche Laien haben auch lustige Prüfmethoden („Ich bin im DG rumgesprungen und meine Frau hat unten nix gehört. Das ist Qualität!“). Ganz wichtig: professionelle Hilfe nicht erst bei der Abnahme hinzuziehen, sondern schon vorher, während des gesammten Bauablaufes. Viele Fehler können beim Keller und seiner Abdichtung gemacht werden, und der ist bei der Abnahme schon längst zugeschüttet. Auch andere kritische Stellen sind dann nicht mehr sichtbar.
Auch für den Bauherr gilt trotzdem: Augen auf! Auf dem Bau und in den Zeichenbüros arbeiten auch nur Menschen und die machen nun mal Fehler. Also immer wieder prüfen: steht in der Zeichnung das, was vereinbart war, sind alle Änderungen übernommen, sind alle Angaben (soweit überprüfbar) richtig? Und auch auf dem Bau: Arbeiten die Handwerker nach den aktuellen Plänen, oder ist ein Update nicht bis zum Mann vor Ort durchgedrungen. Und dank der tollen neuen Digitalskameras gilt fernen: Fotos, Fotos und nochmals Fotos machen. Auch von langweiligen Details. Es geht nix über eine gute Dokumentation…

Recht haben und Recht bekommen

Im Streitfall ist das Recht haben und Recht bekommen gar nicht so einfach auf dem Bau. Ob man „Recht hat“ ist meist auch gar nicht so einfach feststellbar. Eine DIN kann man als Normalbürger nicht zweifelsfrei lesen. Das ist wie mit Gesetzen, über die sich auch regelmäßig studierte und erfahrene Juristen streiten. Ein DIN-konformer Fenstereinbau (dabei ist die DIN keine gesetzlich verbindliche Vorschrift!) kann z.B. auf mehrere Arten erreicht werden.

Daneben werden zwischen Fachleuten auch oft Glaubenskriege ausgetragen. Ist es besser im Elektrobereich Stegleitungen oder Leitungen in Leerrohren zu verwenden? Kupfer- oder Kunststoffrohre für das Wasser? Zwei Fachleute drei Meinungen. Alles hat seine Vor- und Nachteile.

Wann ist ein Mangel ein Mangel? Bei der Forderung nach einer Mangelbeseitigung ist immer die Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen. Sind einige Fugen der Fliesen schief, wäre es z.B. unverhältnismäßg, die kompletten Fliesen rausreißen und neu legen zu lassen.

In allen Fällen ist es sinnvoll, sich vor einem Streit mit einem Vertragspartener ausführlich zu informieren und nicht mit einem „Rechtsverständnis aus dem Bauch heraus“ einen Streit anzufangen, bei dem man später den Kürzeren zieht. Auch hier gilt generell: Reden hilft! Zum Recht bekommen: Sind die Fronten erst einmal verhärtet ist es fraglich, ob sich eine gerichtliche Außeinandersetzung zeitlich und finanziell überhaupt lohnen kann. Wer auf seine Rechtsschutzversicherung (viele schließen Bauangelegenheiten sogar aus) vertraut statt im Streitfall eine einvernehmliche Lösung anzustreben, hat meist schlechte Karten.

Termine und Koordination

Sind so eine Sache. Erstaunlich, dass selbst in wirtschaftlich schlechten Zeiten Deutschlands Handwerker größtenteils voll ausgebucht und überlastet sind. Kurzfristig hat meist keiner Zeit. Und wenn man sich darauf verlässt, dass ein Handwerker „von selbst“ kommt, wartet man meist lange…

Auch wenn es einen Bauleiter gibt, sollte man die Telefonnummern aller Handwerker zur Hand haben und frühzeitig selber Termine abklären bzw. in Erfahrung bringen. Dies gilt insbesondere für bestimmte Formalien. Ist der Antrag an die Versorger rausgeschickt worden? Hat das Bauamt alle notwendigen Unterlagen bekommen? Wer diese Fragen rechtzeitig stellt und sich nicht darauf verläßt, dass das bestimmt erledigt wurde, spart viel Zeit und bekommt keine bösen Briefe vom Bauamt…

Die Koordination mancher Gewerke erfordert auch etwas Geschick. Insbesondere, wenn diese Gewerke etwas miteinander zu haben. Unsere Erfahrung: Oftmals wird beim Bau nur bis an die Grenze des eigenen Gewerks gedacht und gearbeitet. Insbesondere wenn die Arbeit von Handwerkern, die vom Generalunternehmer oder Generalübernehmer beauftragt werden und Handwerker, die direkt vom Bauherrn beauftragt werden koordiniert werden muss, ist der Bauherr gefordert, denn hier kann sich auch der Bauleiter des Generalunternehmers oder Generalübernehmers munter raushalten und sagen: Damit haben wir nix zu tun… ein Beispiel sind z.B. die Regenrohre. Der Tiefbauer legt die Leitung bis zum Haus, der Dachdecker das Regenrohr bis zur Hausecke. Anschließen tut er das Rohr nicht. Zu welch anderen skurrilen Pannen das führen kann, sieht man in der Rubrik Pannen und Probleme.